Achtung:
In diesem Artikel geht es um Refinanzierung sowohl für Banken als auch Privatpersonen. Eine Erläuterung finden Sie hier. Wenn Sie sich direkt über die Refinanzierung von Konsum- oder Baukrediten für Privatpersonen informieren möchten, klicken Sie hier.
Wie läuft eine Refinanzierung ab?
Für eine ausreichende Liquidität ihrer Kreditgeschäfte müssen sich Banken refinanzieren. Am häufigsten genutzt wird die Refinanzierung über Spareinlagen ihrer Kunden, die Darlehensaufnahme über Geschäftsbanken und die Kreditaufnahme bei der EZB. Welchen Weg eine Bank wählt, schlägt sich auch in den Konditionen der privat aufgenommenen Kredite von Konsumenten nieder.
Inhaltsverzeichnis
Definition |
Quellen der Refinanzierung |
Konditionen & Kosten |
Refinanzierung von Konsum- & Baukrediten |
Refinanzierung der EZB |
Fazit |
Video & FAQ |
Refinanzierung – was bedeutet das?
Von Refinanzierung spricht man gemeinhin, wenn sich Banken Kapital beschaffen, um ihre Kreditgeschäfte finanzieren zu können (Geldschöpfung). Die Vorsilbe „Re-“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „wieder, zurück“. Im Bankwesen ist damit gemeint, dass das Kreditinstitut ein Darlehen nicht aus eigenen Mitteln finanziert, sondern das erforderliche Geld aus einer anderen Quelle wiederbeschafft.
Dennoch ist der Sprachgebrauch für den Begriff Refinanzierung nicht einheitlich. Neben der Aufnahme von Geldern zur Kreditvergabe bei Banken wird der Begriff gelegentlich auch im Zusammenhang mit einer Umschuldung verwendet. In diesem Fall steht Refinanzierung als Synonym für Kreditablösung. Beispielsweise kann mit Refinanzierung auch die Ablöse einer bestehenden Immobilienfinanzierung oder auslaufenden Fixzinsvereinbarung gemeint sein.
Welche Quellen nutzen Banken zur Refinanzierung?
In aller Regel haben Kreditinstitute nur ein sehr niedriges bilanzielles Eigenkapital – daher benötigen sie Zugang zu Geldquellen. Zur Refinanzierung nutzen Banken oder Bausparkassen in Österreich parallel mehrere Quellen, um nicht von einer einzigen Finanzierungsquelle abhängig zu sein. Denn jede Finanzierungsquelle hat seine eigenen Kosten und Risiken.
Zu den zahlreichen Möglichkeiten der Refinanzierung zählen – neben den Eigenmitteln – beispielsweise die Sicht-, Termin- und Spareinlagen der Kunden, Schuldverschreibungen und Pfandbriefe, die Aufnahme eines Darlehens bei einer anderen Bank (Interbankengeldmarkt) oder die Refinanzierung über die Europäische Zentralbank (EZB).
Dabei hängen die Refinanzierungskosten der Banken von den aktuellen Marktzinsen, der eigenen Bonität und dem Vertrauen der Banken zueinander ab. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren in Sachen Refinanzierung ist und bleibt aber die Geldpolitik der Notenbanken.
Die vier wichtigsten Refinanzierungsquellen von Banken – Vorteile und Nachteile:
Refinanzierung über Sicht-, Termin- u. Spareinlagen
Kunden legen ihr Geld bei Banken vielfältig an, beispielsweise in Tagesgeld und Festgeld, Sparbriefen oder auf Sparbüchern. Auch das Guthaben auf einem Girokonto zählt als Spareinlage. Die Refinanzierung eines Kreditvertrags über langfristig angelegte Gelder (Festgelder, Sparbriefe) bringt Banken Planungssicherheit. Refinanzieren sie sich hingegen über Geld, dass praktisch täglich von ihren Kunden abgehoben werden kann (Täglich Fällige Konten, Girokonten oder Sparbücher), handeln sie mit einem gewissen Risiko. Banken nutzen deshalb nur einen Teil der verfügbaren Spareinlagen – zumal sie gesetzlich verpflichtet sind, eine gewisse Mindestreserve der Kundengelder zur Liquiditätssicherung vorzuhalten. Insgesamt ist die Refinanzierung durch Kundenanlagen sehr attraktiv, da aktuell faktisch keine Zinsen gezahlt werden.
Darlehensaufnahme bei Geschäftsbanken
Geschäftsbanken geben an andere Banken Anleihen aus, Hypothekenbanken vergeben Pfandbriefe. Diese gängige Geschäftspraxis hat in der Vergangenheit zur Verschärfung der Finanzkrise ab 2008 beigetragen, sodass der Refinanzierungszinssatz bei dieser Form der Kapitalbeschaffung mittlerweile recht hoch liegt. Daher verzichten Banken teilweise auf diesen Weg der Darlehens-Refinanzierung. Sind die Refinanzierungskosten höher als die Zinseinnahmen aus dem vereinbarten Kredit an den Bankkunden, ist das ein Verlustgeschäft.
Kreditverkauf an Investoren
Beim Kreditverkauf veräußern Banken Forderungen an einen Dritten, daher wird diese Form der Kredit-Refinanzierung auch Forderungsverkauf genannt. Um solche Kredite verkaufen zu dürfen, müssen Kreditnehmer im Rahmen des Kreditvertrags über die Möglichkeit von ihrer Bank aufgeklärt werden. Daher nutzen Banken diese Form der Refinanzierung eher seltener – beispielsweise, wenn sie sehr kurzfristig neues Kapital benötigen.
Kreditaufnahme bei der Europäischen Zentralbank (EZB)
Notenbanken wie die EZB können ebenfalls kurzfristig Geld verleihen, wobei der Zinssatz dem Leitzins entspricht. Liegt der Leitzins bei null Prozent – wie aktuell –, können Banken die Refinanzierung bei der Europäischen Zentralbank ebenfalls zu null Prozent aufnehmen. Allerdings kommen dennoch Kosten auf sie zu – beispielsweise Gebühren oder Provisionen für die Emission. Da die EZB praktisch unbegrenzt Kapital zur Refinanzierung zur Verfügung stellt, ist dies eine der beliebtesten Quellen bei Banken.
Konditionen und Kosten einer Refinanzierung
Damit Banken sich am Markt Geld leihen können, müssen sie in der Regel eine hohe Bonität nachweisen. Zudem fordert das europäische Kreditwesengesetz als Folge der Finanzkrise ab 2008, dass Banken eine stabile Eigenkapitalquote mitbringen müssen. Weiters sind die entstehenden Kosten einer Refinanzierung abhängig vom gewählten Refinanzierungsweg. In erster Linie handelt es sich um Zinskosten – es können aber auch Emissionskosten und weitere Gebühren anfallen:
- Zinskosten: Hinter den Zinsen verbirgt sich eine Reihe von Einzelpositionen. So werden hier beispielsweise Kosten für Schuldverschreibungen und Ausschüttungen zusammengefasst. Nicht zuletzt zählen zu den Zinskosten auch die Zinsen für die Eigenmittel.
- Emissionskosten: Diese spielen bei der Refinanzierung über Anleihen eine Rolle. Sie schlagen massiv zu Buche und verteuern ein Kredit maßgeblich. So ist die Refinanzierung über Anleihen einer der teuersten, Wege überhaupt.
- Gebühren und Provisionen: Schließlich kommen – gerade bei Forderungsverkäufen oder Interbankengeschäften – vielfach Gebühren und Provisionen für das Kreditgeschäft hinzu. Diese fallen höchst unterschiedlich aus.
Auswirkung der Refinanzierung auf Privatkunden
Aus den verschiedenen Möglichkeiten zur Refinanzierung der Banken ergeben sich einige Konsequenzen für uns Kreditnehmer. Diese schlagen sich in erster Linie im Zinssatz nieder.
Grundsätzlich gilt dabei für eine Bank dasselbe wie für Privatkonsumenten: Wenn sie sich aus einer Notlage heraus Geld leihen muss, beispielsweise weil sie nicht über Eigenkapital refinanzieren kann, bezahlt sie höhere Zinsen. Die Folge: Kreditnehmer dieser Bank müssen ebenfalls einen höheren Zinssatz für ihren aufgenommenen Kredit bezahlen.
Die gesamten Refinanzierungskosten für Banken hängen von drei wesentlichen Faktoren ab:
- den aktuellen Marktzinsen
- der Bonität der Bank
- dem Vertrauen der Banken untereinander
Während der letzten Finanzkrise 2008 waren beispielsweise die Refinanzierungskosten sehr hoch, da nach der Lehman-Pleite im September 2008 die Banken das Vertrauen zueinander verloren hatten.
Tipp: Je höher die Refinanzierungskosten für Banken werden, desto höher sind auch die Zinsen, welche Sie für neue Kredite bezahlen. Denn Banken geben höhere Refinanzierungskosten bei Bedarf vor allem an Neukunden weiter. Wichtiger Einflussfaktor ist dabei der EZB-Leitzins.
Refinanzierung von Konsumentenkrediten und Immobilienkrediten
Geliehenes Kapital aus Refinanzierungen verwenden Banken für unterschiedlichste Kredite – vorderst zur Finanzierung von Immobilien, Kfz sowie sonstige Konsumgüter.
Refinanzierung von Konsumentenkrediten
Ratenkredite, Autofinanzierungen und Umschuldungen sind die häufigsten Gründe einer Refinanzierung bei Banken. Da diese höchst unterschiedliche Summen, Laufzeiten und Tilgungsmöglichkeiten aufweisen, müssen sich Banken stets nach passenden flexiblen Refinanzierungsquellen umsehen.
Konsumentenkredite werden in aller Regel zu Fixzinsen vergeben. Banken müssen solche Darlehen selbstverständlich zu höheren Zinssätzen an den Kunden bringen als den Refinanzierungssatz, den sie beispielsweise bei der Zentralbank oder am Interbankenmarkt bezahlen. Wäre dies nicht der Fall, würde die Bank beim Geldgeschäft über die gesamte Laufzeit einen Verlust erwirtschaften. Gleiches gilt für die zeitliche Flexibilität der Refinanzierungsquelle – wenn der Kunde seinen Ratenkredit, Autokredit, Minikredit oder Abrufkredit vorzeitig kostenfrei tilgt oder gar nicht in Anspruch nimmt, schmälert dies ebenso den Gewinn der Bank. Daher müssen Bankkunden für unterschiedliche Kreditarten mit unterschiedlichen Zinssätzen rechnen.
Refinanzierung von Immobilienkrediten
Immobilienkredite hingegen haben lange Kreditlaufzeiten von 15 bis 35 Jahre und können sowohl mit Fixzinsen oder variablen Zinsen ausgestaltet sein. Hier gilt es für die Bank eine verlässliche kostengünstige Geldquelle zu erkunden. Im Fall variabler Verzinsung, beispielsweise auf Basis des 3-Monats-Euribors, können sich Banken am Interbanken-Geldmarkt zu diesem Zins refinanzieren. Aktuell ist dies in der Praxis aufgrund der Negativzinsen allerdings nicht attraktiv. Die Verwendung in Sachen Immobilienfinanzierung sind ebenfalls recht unterschiedlich.
Gewerblicher Bereich: Im gewerblichen Bereich kommen beispielsweise Refinanzierungen von fertiggestellten Objekten infrage, wenn diese nicht verkauft, sondern weiter ökonomisch genutzt werden sollen. Die Rückzahlung des neuen Darlehens erfolgt durch die erwirtschafteten Mieterlöse.
Private Baufinanzierung: Refinanzierung betrifft zudem den Bereich privater Kreditnehmer, die einen neuen Baukredit suchen, oder ihre Baufinanzierung per adäquater Anschlussfinanzierung verlängern oder erneuern müssen. Drei Monate vor Ablauf der Zinsbindungsfrist ist die finanzierende Bank verpflichtet, dem Kunden ein Anschlussangebot zu unterbreiten.
Variables Baugeld: Bei variablen Baugeldzinsen ist das Zinsänderungsrisiko natürlich besonders hoch. Durch die Refinanzierung des Darlehens kann die Zinsbelastung der Kreditnehmer auf ein untragbares Niveau steigen – etwa, wenn sich die Marktzinsen während der Kreditlaufzeit wesentlich erhöht und/oder sich die Bonität und Sicherheiten des Kredits verschlechtert haben. Im umgekehrten Fall, bei stark fallenden Bauzinsen, trägt hingegen die Bank ein erhöhtes Kostenrisiko – beispielsweise, wenn sie ihren Refinanzierungszinssatz nicht zeitnah anpassen kann.
Und wie refinanziert sich die Europäische Zentralbank (EZB)?
Als Ursprungsquelle des Geldes ist die EZB faktisch in der Lage, aus dem Nichts Geld zu erschaffen. Daher ist vielfach auch vom Geld drucken im Zusammenhang der europäischen Notenbank die Rede.
In der Praxis läuft dies wie folgt ab: Werden beispielsweise 15 Milliarden Euro für einen Anleihenkauf benötigt, gibt ein Mitarbeiter der Zentralbank die Summe in den Computer ein und per Mausklick erhalten die Partnerbanken der EZB für den Verkauf der Anleihen die betreffenden Summen auf ihren Konten gutgeschrieben. Somit sind im Handumdrehen 15 Milliarden Euro zusätzlich im Umlauf, welche wiederum für Kredite an die Realwirtschaft eingesetzt werden könnten.
Ein kurzes Fazit zum Thema Refinanzierung
Banken refinanzieren ihre ausgegebenen Kredite, weil sie selbst in aller Regel nicht über ausreichend Eigenkapital verfügen. Eine Bank mit guter Bonität hat die Möglichkeit, Geld zu attraktiven Konditionen am Markt aufzunehmen und dieses entsprechend zu günstigen Kreditkonditionen an ihre Kunden weiterzugeben. Befindet sie sich hingegen in einer angespannten wirtschaftlichen Lage, kann sie Geld nur zu schlechteren Konditionen leihen – ihr bleibt im Grunde nichts anderes übrig, als ein Verlustgeschäft bei der Kreditvergabe zu akzeptieren oder alternativ teurere Kredite an Kunden auszugeben.
Wenn Banken oder Bausparkassen in Österreich beispielsweise einen variabel verzinsten Kredit vergeben, können sie sich am Interbankenmarkt zum aktuellen Referenzzins (meist 3-Monats-Euribor plus einen minimalen Aufschlag) refinanzieren. Allerdings herrschen derzeit Negativzinsen und somit ist dieser Markt aktuell praktisch nicht aktiv.
Für uns Konsumenten bleibt unterm Strich die Erkenntnis, dass die wirtschaftlichen Geschicke der Banken eine große Rolle dabei spielen, zu welchen Konditionen wir Kredite von ihnen bekommen. Allerdings bleiben die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von Banken nicht dauerhaft gleich – deshalb ändern sich auch ständig deren Kreditangebote, sprich Kreditzinsen
Video: Was bedeutet Refinanzierung? Einfach erklärt (Immobilien Definitionen)
Quelle: Alex Düsseldorf Fischer / YouTube
FAQ
Wie funktioniert Refinanzierung?
Refinanzierung bedeutet allgemein die Aufnahme von Finanzmitteln, um Kredite zu vergeben. Insbesondere bei Kreditinstituten ist diese Kapitalbeschaffung zur Finanzierung des Aktivgeschäfts üblich. Das nötige Kapital lässt sich durch Kundeneinlagen, am Interbankengeldmarkt oder von Zentralbanken wie der EZB beschaffen.
Wann macht eine Refinanzierung Sinn?
Eine Refinanzierung macht Sinn, wenn für längere Zeit steigende Immobilienpreise erwartet werden, die Zinsen gesunken oder mit der Vermietung höhere Erträge als beim Verkauf zu erzielen sind. Refinanzierung betrifft zudem private Kreditnehmer, die ihre Baufinanzierung verlängern oder erneuern müssen.
Wie können die Banken Geld schöpfen?
In Wahrheit werden Kredite unabhängig von den Einlagen vergeben. Die Banken schaffen das Geld, quasi aus dem Nichts, indem sie die Summe auf dem Konto des Kreditnehmers einfach gutschreiben. Auf diese Weise entsteht mit jedem Kredit neues Geld – auch Geldschöpfung genannt.
Wie viel darf die Bank von meinem Geld verleihen?
Wenn eine Bank an Privatkonsumenten oder Firmen einen Kredit vergibt, schreibt sie diesen einfach auf dem Konto der Kunden gut. Banken können auf diese Weise grundsätzlich so viel Geld schaffen, wie sie möchten. Zwar unterliegen sie gewissen Vorschriften durch die Zentralbank, aber Ersparnisse (Eigenkapital) brauchen sie dafür nicht.
Wie refinanzieren sich Bausparkassen?
Die Refinanzierung der Bausparkassen erfolgt zum einen durch die Spareinlagen der Bausparer – allerdings begrenzt auf das 5-fache des haftenden Eigenkapitals. Weiters erfolgt die Refinanzierung durch Aufnahme von Darlehen bei anderen Banken und Kapitalsammelstellen wie beispielsweise der EZB.