Warum ändert sich das Anlageverhalten in Österreich?
Pandemie, Krieg in der Ukraine und Klimakrise führten weltweit zu Lieferengpässen, stark ansteigenden Preisen bei Energie, Güter und Dienstleistungen, und katapultiere die Inflation in Österreich nahe der Zehn-Prozent-Marke. All das zwingt Österreichs Anleger zum Umdenken: Das geliebte Sparkonto wirft zu wenig Rendite ab, Immobilien und Edelmetalle wollen oder können sich viele nicht leisten, und bei Investments an den Aktienmärkten hat so mancher weiter seine Bedenken.
Pandemie, Ukraine-Krieg und Inflation veränderten alles
Der Krieg in der Ukraine hat Corona weitgehend aus den Schlagzeilen gedrängt. Die massiven Sanktionen treffen längst nicht nur die Verursacher der Krise. Die ohnehin hohen Energiepreise explodieren förmlich und haben massive Auswirkungen auf unseren Alltag.
Aber auch die Spuren der Corona-Pandemie treten in der Wirtschaft immer deutlicher zutage. Viele Branchen wie Gastronomie, Veranstaltungswirtschaft oder Messewesen leiden massiv, Industrie und verarbeitendes Gewerbe kämpfen mit Lieferengpässen, Energieknappheit und Produktionsausfällen.
Schließlich machen die Kosten der Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft viele teurer und tragen dazu bei, dass die Preise auf breiter Front stark ansteigen. So hat der Euroraum seit geraumer Zeit mit historischen Inflationsraten, um die zehn Prozent, zu kämpfen. Weiters tragen Faktoren wie der demografische Wandel oder die Umkehr der Globalisierung dazu bei, dass mit einer längerfristigen Inflationsentwicklung zu rechnen ist.
Was heißt das alles für Anleger? Schon lange ist klar, dass früher erfolgreiche, einfache Anlagestrategien nicht ausreichen, um mit dem Gesparten die Kaufkraft zu erhalten. Sie schwindet bei anhaltend niedrigen Zinsen zusehends. Alternativen zu Sparbuch und Festgeld sind gesucht: Doch welche kommen infrage? Und was gilt es dabei zu beachten? Ein kleiner Überblick.
Steigende Zinsen – gut oder schlecht für Sparer und Kreditnehmer?
In ihrem Kampf gegen die Inflation heben Notenbanken wie Fed und EZB die Zinsen fast monatlich an. Allerdings werden diese nur zu den Teilen weitergegeben, wo auch Banken mal wieder die Nutznießer sind. Also kaum auf den Giro- und Sparkonten der Konsumenten, sodass diese von einer nennenswerten Guthabenverzinsung profitieren. Dafür aber bei allen Finanzierungen, wenn wir beispielsweise Geld bei den Banken für Konsumgüter oder Immobilien leihen.
Somit wird der Österreicher liebstes Kind – das Sparkonto und die Immobilie – für viele von uns wieder zum Problemfall. Zwar scheinen die Preise von Wohnungen und Häuser ihren Zenit erreicht zu haben, die Zinsen für deren Finanzierung steigen aber aktuell deutlich. Konnten Häuslebauer noch Anfang des Jahres 500.000 Euro mit einem Zinssatz von 1,5 Prozent (gut 600 Euro) finanzieren, liegt dieser aktuell bei rund 4 Prozent (rund 1.600 Euro) – eine dreifach höhere monatliche Belastung!
Die Folge: Für viele Familien wird der Traum vom Eigenheim zunichtegemacht, die Kapitalanlage ist für Anleger trotz gestiegener Rendite weiter nur selten attraktiv. Im Kampf gegen die eigene Teuerungsrate bleibt nur eine einzige Alternative: Wertpapiere wie Aktien und Fonds. Ausgerechnet diesen Anlagen stehen viele Österreicherinnen und Österreicher – vor allem in Krisenzeiten – skeptisch gegenüber.
Langfristig locken gute Renditen
Und dies ist ein ausgemachter Fehler. Denn, wer in Sachen Geldanlage an der Börse einen langen Atem beweist, hat über die Jahre beste Chancen auf sehr hohe Renditen. Krisenzeiten wie jetzt mit korrigierenden Aktienmärkten sind ideal zum langfristigen Inflationsausgleich und die eigene Altersvorsorge.
Beispiel aus der jüngeren Historie: Die vergangenen 100 Jahre der weltweiten Aktienmärkte haben gezeigt, dass 99 Prozent aller Krisen keine Relevanz auf langfristige Geldanlagen hatten. Wer beispielsweise kurz vor der Lehman-Pleite 2008 in den Markt eingestiegen ist und seine Aktien gehalten hat, kann sich heute über eine solide Rendite von rund 200 Prozent freuen – vornehmlich mit US-Werten.
Energie und Konsumgüter bleiben eine sichere Bank
Um kurz- und mittelfristig auf die hohe Inflation zu reagieren, können Anleger ihr Portfolio entsprechend ausrichten und beispielsweise in Aktien und Aktienfonds von Unternehmen investieren. Unternehmen können steigende Kosten mit höheren Preisen an ihre Kunden weitergeben. Steigen die Gewinne der Aktiengesellschaften, laufen auch die Aktienkurse nach oben. Dies gilt insbesondere für Unternehmen der Konsumgüterbranche, Energieförderkonzerne oder – angesichts der veränderten Sicherheitslage – neuerdings auch im Bereich der Rüstungsindustrie.
Aussichtsreiche Branchen in der Krise
Bei lebenswichtigen Dingen wie Energie und Lebensmittel haben Konsumenten kaum eine Möglichkeit, auf Konsum zu verzichten. Ähnlich ist es bei Rohstoffen, deren Preise im Zuge der geopolitischen Spannungen auf breiter Front steigen. Neben Öl und Gas sind es gerade für die europäische Industrie wichtige Metalle wie Kupfer, Nickel, Aluminium oder Platin, die in Russland gefördert werden. Steigende Rohstoffkosten spielen aber auch Bergbaukonzernen in die Karten. Aktien solcher Unternehmensbranchen erhalten gerade in Krisenzeiten deutlichen Rückenwind.
Tipp: Wer als Anleger nicht in Einzelwerte investieren möchte, kann mit Fonds, Indexfonds (ETFs) und Zertifikaten auf steigende Kurse ganzer Branchen oder Regionen setzen. Vorteil: Das Portfolio ist weit gestreut und deutlich krisensicherer. Zudem lässt sich – beispielsweise im Falle von ETFs – durch günstigere Handelskosten die eigene Rendite weiter erhöhen.
Nachhaltig investieren und anlegen
Trotz der aktuellen Krisenlage sollten sich Anleger natürlich die Frage stellen, mit welchen Unternehmensbeteiligungen sie sich am sichersten und wohlsten fühlen. Nicht jeder will bedingungslos in internationale Großkonzerne mit oft fragwürdigen Geschäftsmodellen investieren.
So ist vielen Anlegern neben einer rein ökonomischen Rendite auch der ökologische und gesellschaftliche Fußabdruck ihrer Geldanlage wichtig. Grün investieren liegt längst im Trend: mit grünen Fest- und Tagesgeldkonten, saubere Anleihen, nachhaltigen Aktien, Aktienfonds oder ETFs sowie Energiewende-Investments und Mikrofinanzfonds. Viele dieser nachhaltigen Anlageformen versprechen bei der richtigen Strategie mittlerweile sogar einen größeren Anlageerfolg.
Wichtig: Grüne Investments sind heute in vielfältigster Art und Weise am Markt vertreten und sie haben ähnlich unterschiedliche Risiken wie konventionelle Geldanlagen. Auch hier gilt die Grundregel: höhere Renditen haben meist höhere Risiken. Entscheidend ist, wie nachhaltig Unternehmen und deren Produkte tatsächlich sind. Hierfür gibt es – noch – keine Mindeststandards.
Tipp: Seriöse Anbieter wenden in der Regel sogenannte ESG-Kriterien an. Environmental Social Governance steht für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. In der Praxis werden hier die beiden zwei Anlageansätze vermeiden oder fördern miteinander kombiniert – je nach Nachhaltigkeitsverständnis des Anbieters oder Emittenten.
Immobilien und Gold als sicherer Hafen?
Wie Sparkonten bieten Aktien keine Garantien für den Inflationsschutz. Drehen die Notenbanken – wie aktuell der Fall – deutlich an der Zinsschraube, um eine länger andauernde Inflation zu stoppen, verteuert sich die Refinanzierung für Unternehmen. Weiters könnten Investoren dann von Aktien in attraktiver werdende festverzinsliche Papiere wie Anleihen umschichten, was ebenfalls die Aktienmärkte auf Talfahrt schicken kann.
Immobilien:
Neben Aktien gelten vor allem Immobilien und Gold als Schutz vor stark steigenden Preisen. Beide Assets stellen wertstabile Sachwerte dar, einen automatischen Inflationsschutz bieten jedoch auch sie nicht. Zwar sind die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen – wie auch die Mieten. Betrachtet man allerdings Anlagezeiträume von Immobilieninvestoren über die Jahre und Jahrzehnte hinweg, lässt sich kein Zusammenhang zwischen Mieten, Immobilienpreisen und Inflation nachweisen. Zudem steigen seit geraumer Zeit die Zinsen für Baukredite wieder deutlich an – der Effekt des billigen Baugeldes verpufft zusehends.
Gold:
Das gelbe Edelmetall gilt seit jeher als Angstwährung und sicherer Hafen, in den sich Anleger gerade in Krisenzeiten zurückziehen können. Zu sorglos sollten Anleger bei Investments aber nicht sein. Zwar hat Gold als Anlageklasse früher häufig bei erhöhter Inflation überdurchschnittlich performt. In den Jahren 2021 und 2022 war dies jedoch nicht der Fall. Hier waren Aktien und Fonds die klar bessere Anlagewahl. Auch in Sachen Gold haben Studien gezeigt, dass Inflationsrate und Goldpreis über Jahrzehnte betrachtet nicht unmittelbar zusammenhängen. Zudem unterliegt der Goldpreis deutlichen Schwankungen und das Edelmetall liefert weder Zinsen wie Anleihen noch Dividenden wie Aktien. Aber auf lange Sicht kann ein Investment gute Renditen erzielen – Ende 2023 stieg der Preis pro Feinunze auf über 2.000 US-Dollar.
Fazit
Wie Sparkonten bieten Aktien keine Garantien für den Inflationsschutz. Drehen die Notenbanken – wie aktuell der Fall – deutlich an der Zinsschraube, um eine länger andauernde Inflation zu stoppen, verteuert sich die Refinanzierung für Unternehmen. Weiters könnten Investoren dann von Aktien in attraktiver werdende festverzinsliche Papiere wie Anleihen umschichten, was ebenfalls die Aktienmärkte auf Talfahrt schicken kann.
Video: Keine Angst in der Krise – Geldanlage und Inflation
Quelle: Börse Stuttgart / YouTube
FAQ
Welche Geldanlage eignet sich in Krisenzeiten?
Gerade in Krisenzeiten zeigt sich die Widerstandsfähigkeit eines gut gemischten Portfolios. Ein bisschen Risiko in Form von Aktien, gerne über Indizes via ETF gestreut, ein bisschen Sicherheit in Form von Tages-, Festgeld oder Anleihen als Liquiditätspuffer und ein bisschen Immobilien und Edelmetalle.
Was macht eine Geldanlage krisensicher?
Die Investition in Festgeld, Spar- und Tagesgeldkonten ist innerhalb der europäischen Union im Rahmen der gesetzlichen Einlagensicherung bis mindestens 100.000 € abgesichert.
Dennoch ist die Sicherheit der Anlagen unterschiedlich zu bewerten. Eine Anlage bei einem österreichischen Bankinstitut ist sicherer zu bewerten als eine Anlage bei manch anderer europäischen Bank.
Das hat vor allem mit der Landesbonität zu tun.
- Sollte die Bank in finanzielle Schwierigkeiten geraten, muss sie die Kundengelder zunächst aus dem Eigenkapital bedienen.
- Sollte das nicht ausreichen, kommt der Sicherungsfonds aller Banken in dem betreffenden Land für weitere Kundengelder auf.
- Sollte auch das nicht reichen, ist in letzter Instanz der Staat gefordert.
- Hat dieser aber nicht ausreichend Geld, kann Ihr Kapital trotz Einlagensicherung verloren gehen.
Wie wirkten sich die letzten Wirtschaftskrisen auf Geldanlagen aus?
Die Aktienmärkte haben sich nach den Krisen wieder erholt, allerdings in unterschiedlicher Geschwindigkeit.
- Nach dem Ende der Dotcom-Blase und dem 11. September hat es knapp 3 Jahre gedauert, bis die Talsohle erreicht war und erst nach weiteren 4 Jahren konnten die Indizes wieder die Vorkrisenstände erreichen.
- In der letzten Finanzkrise erreichten die Börsen den Tiefststand nach 18 Monaten. 2013 wurden die alten Höchststände erreicht.
- Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind auch über ein Jahr später nicht an den Börsen angekommen. Nach einem kurzfristigen Einbruch im März 2020 erholten sich die Aktienkurse sehr schnell und standen im März 2021 auf Allzeithochs.
- Der seit Februar 2022 andauernde Ukrainekrieg belastete die Börsen von Beginn an. Der ATX beispielsweise rutschte in der ersten Kriegswoche erneut unter die psychologisch wichtige Marke von 2.000 Punkten. Eine zusätzliche Belastung entstand durch die hohe Inflation!
Wie kann ich mein Geld vor dem Crash retten?
Mit einem vernünftig diversifizierten Depot. Hierzu gehören: Aktien, Unternehmensanleihen, Staatsanleihen guter Schuldner wie Österreich, Deutschland, Schweiz, Norwegen, Kanada, Australien Brasilien und Südkorea; Immobilien und Gold. Gold ist die ultimative Absicherung gegen ein wie auch immer geartetes Extrem-Krisenszenario.