Was müssen Sie über die Immobilienertragsteuer wissen?
Mit Abschaffung der 10-jährigen Spekulationsfrist unterliegen seit dem 1. April 2012 sämtliche Gewinne aus dem Verkauf von privaten Immobilien der Einkommensteuerpflicht. Diese Immobilienertragsteuer verteuerte sich in Österreich auf mittlerweile 30 % der Bemessungsgrundlage. In der Praxis müssen Konsumenten trotz kleiner Wertverluste beim Immobilienverkauf noch Steuern zahlen. Ausnahmeregelungen können dies vermeiden.
Inhaltsverzeichnis
Was ist die Immobilienertragsteuer? |
Höhe und Berechnung |
Wann wird die ImmoESt fällig? |
Steuern verringern und befreien |
Sonderfälle (Umwidmung, Verkauf, Erbschaft & Altbestand) |
Fazit |
Video |
Was ist die Immobilienertragsteuer (ImmoESt)?
Rund ein Jahr nach der umstrittenen Wertpapier-KESt 2011 wurde in Österreich eine Steuer auf Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien eingeführt – die sogenannte Immobilienertragsteuer
Die Immobilienertragsteuer, die auch als ImmoESt bezeichnet wird, ist jene Steuer, die auf den Verkaufsgewinn von privaten Immobilien erhoben wird. Dabei wird der Veräußerungsgewinn, die Differenz zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten, mit 30 Prozent versteuert. Seit dem 1. April 2012 unterliegen alle Gewinne aus Veräußerungen von Immobilien der unbefristeten Steuerpflicht.
Die Immobilienertragsteuer hat sich im Laufe der Jahre zunehmend verteuert. Der Inflationsabschlag zur Verminderung der Bemessungsgrundlage von zwei Prozent pro Jahr ab Ablauf des zehnten Jahres wurde abgeschafft und auch die Steuersätze sind gestiegen. Mittlerweile beträgt die ImmoESt in der Regel rund 30 % der Bemessungsgrundlage einer Liegenschaft.
Vielen Immobilienbesitzern stellt sich da die Frage: Lohnt sich ein Verkauf meiner Immobilie noch oder sollte ich – angesichts historisch niedriger Kreditzinsen – die Liegenschaft weiter belasten?
Immobilienertragsteuer in Österreich: Höhe und Berechnung
Seit 1. April 2012 gibt es die Steuerpflicht für den Verkauf oder Tausch von Grundstücken in Österreich. Als Grundstücke klassifiziert der Gesetzgeber dabei Grund und Boden, grundstücksgleiche Rechte wie beispielsweise Baurechte sowie Gebäude (Häuser und Eigentumswohnungen). Hierbei unterscheidet der Fiskus zwei Gruppen von Liegenschaften:
- Neubestände: Liegenschaften, die nach dem 31. März 2012 gekauft wurden oder zum 31. März 2012 steuerpflichtig waren.
- Altbestände: Liegenschaften, die am 31. März 2012 keiner Steuerpflicht unterlagen.
Auf die jeweilige Bemessungsgrundlage fällt seit 2016 ein Ertragssteuersatz von 30 % an – bis dato waren es 25 %. Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken wirken nicht progressionserhöhend für das Resteinkommen.
Wichtig: Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Altvermögen fällt in der Regel ein großzügiger Pauschalwert bei den Anschaffungskosten an. Bei Neu-Grundstücken sind die tatsächlichen Anschaffungskosten und vergangenen Abschreibungen sowie Subventionen ausschlaggebend.
I: Immobilienertragsteuer bei Altvermögen
Altvermögen bzw. Altbestände bei Immobilien waren mit Stichtag 31. März 2012 nicht ImmoESt-pflichtig. Es handelt sich also dabei um Grundstücke, die bei zehnjähriger Spekulationsfrist vor dem 31. März 2002 (31. März 1997 bei 15-jähriger Spekulationsfrist) angeschafft wurden.
Wollen Privatkonsumenten hier ihr Haus oder ihre Wohnung verkaufen, nimmt das Finanzamt pauschal Anschaffungskosten von 86 % des Veräußerungserlöses an. Somit müssen Verkäufer 14 % des Veräußerungserlöses einem Steuersatz von 30 % (vor 2016: 25 %) unterwerfen. Dies bedeutet eine effektive Steuerbelastung von 4,2 % (bis 31.12.2015: 3,5 %).
Beispielrechnung: eigene Immobile – 2001 erworben – Wert: 550.000 Euro:
Veräußerungserlös: 550.000 Euro
Anschaffungskosten (86 % pauschal): 473.000 Euro
Veräußerungsgewinn (14 %): von 42.000 Euro.
Immobilienertragsteuer bei Steuersatz 30 %: 23.100 Euro
II: Immobilienertragsteuer bei Neubestand
Als Neubestand bzw. Neuvermögen gelten Immobilien, die am 31. März 2012 der Steuerpflicht (ImmoESt) unterlagen. Dies war der Fall, wenn ein Verkauf zu diesem Zeitpunkt aufgrund der zehnjährigen Spekulationsfrist (in Ausnahmefällen 15 Jahre) steuerpflichtig gewesen wäre. In diesem Fall berechnet sich die Immobilienertragsteuer der Liegenschaft wie folgt:
Veräußerungserlös
– Anschaffungskosten (inkl. Anschaffungsnebenkosten)
– Herstellungsaufwendungen
+ Abschreibungen (soweit bei außerbetrieblichen Einkünften bereits abgezogen)
+ steuerfreie Subventionen
– Kosten der Mitteilung oder Selbstberechnung der Steuer
= Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen
Beispielrechnung: Mietwohnung – vor 10 Jahren um 250.000 Euro gekauft, Wert: 440.000 Euro:
Sie verkaufen nach zehn Jahren eine vermietete Wohnung um 440.000 Euro, die Sie vor 10 Jahren für 250.000 Euro erwarben. keine Subventionen, Abschreibung von der Einkommenssteuer abgesetzt, 1,5 % von 70 % von 250.000 Euro pro Jahr.
Veräußerungserlös vermietete Wohnung: 440.000 Euro
Anschaffungskosten der Mietwohnung (inkl. Nebenkosten): 250.000 Euro
Abschreibung (jährlich 1,5 % von 70 % von 250.000 Euro): 26.250 Euro
Bemessungsgrundlage der ImmoESt: 216.250 Euro.
Immobilienertragsteuer bei Steuersatz 30 %: 64.875 Euro
Wann wird die ImmoESt fällig und wie viel müssen Sie bezahlen?
Die Immobilienertragsteuer muss spätestens am 15. Tag des übernächsten Monats nach Eingang des Verkaufserlöses an das zuständige Finanzamt überweisen werden.
Beispiel: Wurde der Erlös aus dem Immobilienverkauf am 11. September auf Ihr Konto gutgeschrieben, müssen Sie die fällige ImmoESt bis spätestens 15. November ans Finanzamt abführen.
Zeitpunkt des Erwerbs entscheidend
Über die Höhe der Immobilienertragsteuer entscheidet vorderst der Zeitpunkt der Investition in die Immobilie.
30 % und mehr bei Neubestand: Wer aktuell investiert oder nach dem 31. März 2002 damit begonnen hat, muss auf den Veräußerungsgewinn – also die Differenz zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungswert inkl. Nebenkosten – 30 % an Immobilienertragsteuer abführen. Wurden Abschreibungen geltend gemacht, müssen diese weiters auf den Verkaufserlös hinzugerechnet werden: Die steuerliche Bemessungsgrundlage erhöht sich also.
4,2 % pauschal bei Altbestand: Deutlich geringer fällt die Immobilienertragsteuer bei Altvermögen aus, die per 31. März 2012 noch nicht steuerpflichtig waren. Dafür zahlen Verkäufer pauschal nur 4,2 % des Erlöses.
Tipp: Verkäufer von Immobilien sollten sich über Ausnahmen informieren. Beispielsweise die Regelungen zum Hauptwohnsitz, Schenkung und Erbschaft oder für selbsterstellte Gebäude.
Immobilienertragsteuer verringern & befreien: wann geht das?
ImmoESt verringern: Der Spielraum steuerlicher Absetzung ist gering. Konsumenten können lediglich die Kosten durch Steuerberater und Nebenkosten des Kaufes (Makler, Grunderwerbsteuer, Anwalt oder Notar) ansetzen. In wenigen Fällen greift weiters die Regelbesteuerungsoption, sofern die anderen laufenden Einkünfte niedriger als durchschnittlich mit 30 % besteuert werden.
Befreiung von der Immobilienertragsteuer – Ausnahmen
In einzelnen wenigen Fällen sind Verkäufer komplett von der Immobilienertragsteuer befreit. Dies ist beispielsweise der Fall bei:
Schenkung und Erbschaft: 2008 wurde in Österreich die Schenkungs- und Erbschaftssteuer abgeschafft. Sollten Sie Liegenschaften erben oder übertragen bekommen, so sind diese von der ImmoESt befreit.
Wichtig: Dies gilt allerdings nicht für den anschließenden Verkauf von Grundstücken oder Immobilien.
Hauptwohnsitzbefreiung: Ebenfalls von der Immobilienertragsteuer sind Verkäufer befreit, wenn Sie
- diese seit Anschaffung oder Fertigstellung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz nutzen,
- diese durchgehend für mindestens fünf Jahre innerhalb der letzten zehn Jahre als Hauptwohnsitz genutzt haben.
Wichtig: Dies gilt nur, wenn das Wohnhaus aus maximal zwei Wohnungen besteht, zwei Drittel der Nutzfläche eigenen Wohnzwecken dient und das Grundstück die maximale Gesamtnutzfläche von 1.000 Quadratmetern nicht übersteigt.
Herstellerbefreiung: Weiters sind selbst hergestellte oder durch Dritte in Bauherreneigenschaft errichtete Gebäude beim späteren Verkauf von der Immobilienertragsteuer ausgenommen
Wichtig: Hat das zu verkaufende Gebäude in den letzten zehn Jahren zur Erzielung von Einkünften gedient, ist vorab eine Detailprüfung durch einen Gutachter zwingend erforderlich.
Immobilienertragsteuer: einige Sonderfälle
Die Gesetzgebung in Sachen Immobilienertragsteuer ist komplex. So gelten in gewissen Sonderfällen spezielle bzw. pauschale Steuerregeln. Einige Beispiele:
Umwidmung und Verkauf
Durch eine Umwidmung von Grünland und Bauland steigt der Wert meist um ein Vielfaches. Entsprechend höher sind die zu zahlenden Pauschalen.
Entscheidend ist der Stichtag der 1. Jänner 1988: Bei nachfolgenden Umwidmungen zieht das Finanzamt von Verkaufserlös fiktive Anschaffungskosten von 40 % ab. Die verbleibenden 60 % unterliegen einer 30 % Immobilienertragsteuer. Hieraus ergibt sich eine effektive Steuerbelastung von 18 % des Verkaufserlöses.
Beispiel: Wiesengrund — gekauft 1990 – veräußert 2000
Ein im Jahr 1990 erworbener Wiesengrund wurde im Jahr 2000 um 400.000 Euro verkauft. Hier sind 240.000 Euro mit 30 % zu versteuern, die Abgabenlast beträgt 18 % – also 72.000 Euro.
Umwidmung vor dem 1. Jänner 1988: Hier erhöhen sich die fiktiven Anschaffungskosten auf 86 % des Verkaufserlöses und nur 14 % sind steuerrelevant. Bei einem Steuersatz von 30 % fallen insgesamt Immobilienertragsteuern in Höhe von nur 4,2 % des Verkaufserlöses an – also 16.800 Euro.
Tipp: Im Falle von Zubauten ist Berechnung die Bemessungsgrundlage der Veräußerungserlös verändert zu berechnen. Werbungskosten können bei Altbeständen nicht angesetzt werden.
Verkauf nach Erbschaft
Seit April 2012 unterliegt der Differenzbetrag zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten einer 30-prozentigen Immobilienertragsteuer. Im Falle von Erbschaften gibt es keinen Kaufpreis für die Erben, das Finanzamt arbeitet hier mit fiktiven Annahmen und pauschalen Steuersätzen.
Kauf vor dem 31. März 2002: Hat der Erblasser – beispielsweise ein Elternteil – die Liegenschaft zuvor gekauft, handelt es sich um ein Altgrundstück. Das Finanzamt nimmt die Anschaffungskosten von 86 % des Verkaufspreises an und unterwirft 14 % einer Steuer von 30 %. Die ImmoESt beträgt beim Verkauf nur 4,2 % des Kaufpreises.
Kauf nach dem 31. März 2002: In diesem zahlen Erben analog den Bestimmungen beim Neubestand beim Verkauf 30 % vom tatsächlichen Veräußerungsgewinn.
Errichtung eines Gebäudes auf Altbestandsgrund
Noch verzwickter ist die Lage bei Gebäuden auf Altbeständen und deren Vermietung. Wurde auf einem Grundstück, welches am 31. März 2012 nicht steuerverfangen war, nach dem 31. März 2012 ein Gebäude errichtet, welches anschließen vermietet wurde, dann stellen
- Grund und Boden bei Veräußerung einen Altbestand,
- der Gebäudewert-Anteil hingegen einen Neubestand
dar. Entsprechend ist das Gebäude hier wie ein Neubestand zu versteuern.
Fazit zum Thema Immobilienertragsteuer Österreich
Die Immobilienertragsteuer (ImmoESt) ist ein komplexes Gebilde im österreichischen Steuerrecht. Sie stellt Konsumentinnen wie Konsumenten, die eine Immobile oder ein Grundstück veräußern möchten, regelmäßig vor hohe Herausforderungen. Für die Praxis erweisen sich insbesondere folgende vier Regelungen als wertvolle Hilfestellung:
I: Der 31. März 2012 als Datumsgrenze entscheidet darüber, ob Sie nur 4,2 % des Verkaufserlöses als Immobilienertragsteuer zahlen oder 30 % des tatsächlichen Veräußerungsgewinnes.
II: Erbschaft oder Schenkung selbst lösen keine ImmoESt-Pflicht aus. Erst wenn Sie eine Liegenschaft verkaufen, hängt es vom Zeitpunkt des Erwerbs des Schenkers oder Erblassers ab, ob der Verkaufsgewinn als Alt- oder Neubestand versteuert wird.
III: Bei Hauptwohnsitzen und selbst erstellten Gebäuden kann es unter bestimmten Bedingungen einen erheblichen Steuererlass durch das Finanzamt geben.
IV: Und im Falle umgewidmeter Grundstücke kommen beim Verkauf abhängig vom Umwidmungsdatum verschiedene Pauschalen zum Tragen.
Video: So funktioniert die Immobilienertragsteuer (ImmoEst) in Österreich
Quelle: Jagersberger Steuerberater / YouTube